Die stille Zeit beginnt …

Ein Traumherbst geht zu Ende, die Temperaturen nähern sich langsam, aber sicher an ein für den November passendes Niveau an und die Natur beginnt sich auf den nahenden Winterschlaf vorzubereiten. Der natürliche Kreislauf von Erwachen, Wachsen, Blühen und schließlich Sterben geht ins Finale. Die Fauna und Flora zieht sich immer mehr zurück, es wird ruhiger, monotoner und stiller.

Doch so viel Harmonie und Ruhe ist schwer zu ertragen, weshalb die Spezies “Mensch” auf einen natürlichen Rhythmus pfeift und die glorreiche Idee geboren hat, im November und Dezember noch einmal richtig Gas zu geben. Statt Stille und Ruhe brauchen wir mehr Tempo, um bis zum Grandefinale am 31. 12., noch mehr als in den ohnehin umtriebigen Monaten davor rein zu quetschen und zum Abschluss zu bringen. Jedes Jahr aufs Neue bekommt man das Gefühl, dass nach dem 31. 12. die Apokalypse auf uns wartet, auch wenn uns immer wieder das Gegenteil bewiesen wird und am 1. 1. die Welt sich ganz normal weiter dreht. Die letzten Wochen des Jahres sind daher nie besinnlich, sondern werden zum Endspurt des Jahresmarathons. Treffen und Feiern, für welche man das ganze Jahr keinen geeigneten Termin gefunden hat, müssen in den letzten Wochen des Jahres stattfinden, alle offenen Rechnungen und Forderungen müssen bis Jahresende mit Hochdruck bearbeitet werden und scheinbar überhaupt ”ALLES”, egal ob privat oder beruflich, sollte gefälligst bis 31. 12. erledigt werden.

 

Und während die Natur schon längst die ruhige und stille Zeit eingeläutet hat, strampeln wir Menschen mit Vollgas dem Jahresende zu. Ein Leben im Einklang mit der Natur ist zu einem vergessenes Relikt aus längst vergangenen Tagen geworden.

Der Krieg in der Ukraine, die dadurch teilweise ausgelöste Teuerung, die Erkenntnis der Auswirkungen globaler Lieferabhängigkeiten oder der immer näher rückende Klimakollaps ändern auch im zu Ende gehenden Jahr 2022 nichts daran, dass wir in gewohnter Manier mit rasanter Geschwindigkeit das Hamsterrad der Routine betreiben.

Wir jammern einerseits täglich über steigende Energiepreise, sich verknappenden Ressourcen und sind andererseits aber nicht bereit, uns nur geringfügig in eine andere, sinnvollere Richtung zu bewegen. Wir düsen ohne Schutzausrüstung mit Vollgas auf eine Mauer zu und wollen selbst auf den letzten Metern des Bremsweges die Notwendigkeit einer Veränderung nicht erkennen.

 

Was muss in der nahenden Zukunft noch passieren, damit die Menschheit von einem Umdenken endlich überzeugt werden kann?

 

Bis es so weit ist, wird der Großteil der Bevölkerung wohl weitermachen wie bisher unabhängig von der Teuerung auf wenig bis nichts verzichten und hoffen, dass der 31. 12. bald hinter uns liegt, damit wir mit dem 1. 1. wieder voll durchstarten können. 


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