E-Auto, E-Roller, E-Scooter

Seitdem das Ziel des Pariser Klimaabkommens - die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen - wieder in aller Munde ist, erlebt die Elektromobilität eine gewaltige Renaissance. Die Thematik Elektromobilität wird förmlich glorifiziert, als die große Lösung aus dem Klimadesaster verkauft und das obwohl der Elektromotor alles andere als eine neue Erfindung ist. Das erste Patent für einen Elektromotor gab es bereits 1837 von Thomas Davenport. Der steigende Druck durch den Klimawandel sich endlich von den fossilen Brennstoffen zu verabschieden und die vielen technischen Weiterentwicklungen bescheren der Elektromobilität dennoch einen gewaltigen Auftrieb.

 

Doch ist der Umstieg auf elektrische Antriebe im Kampf gegen den Klimawandel wirklich so ein großer Wurf, wie es derzeit von den Massenmedien und den Politikern verkauft wird? Wie sinnvoll ist es, jegliche Form der Fortbewegung zu elektrifizieren? Genügt ein “E-” vor einem Wort, um die Mobilität nachhaltig und grün zu machen? E-Auto, E-Scooter, E-Roller, E-Bike, E-Skateboard, E-Motorrad… 

 

Wie klimafreundlich batteriebetriebene Fahrzeuge wirklich sind, kann nur beurteilt werden, wenn die Herstellung, der Betrieb und die Entsorgung eines E-Fahrzeuges betrachtet werden. Fahrzeuge mit kleinen Batterien für kurze Reichweiten sind umweltfreundlicher, da bei der Produktion der Akkus wesentlich weniger CO2-Emissionen anfallen. Ab einer Reichweite von mehr als 250 km oder bei großen und schweren Fahrzeugen (z. B.: SUVs) haben Brennstoffzellen eine bessere Klimabilanz und unter bestimmten Umständen sind derzeit sogar Verbrennungsmotoren umweltfreundlicher als E-Autos.

 

Die heikle Rohstoffgewinnung

 

Sechs Materialien (Kobalt, Lithium, Platin, Dysprosium, Neodym, Coltan), welche bei der Produktion jedes E-Autos zum Einsatz kommen, müssen als kritisch eingestuft werden. Diese seltenen Erden sind von zentraler Bedeutung beim Herstellungsprozess, aber nur begrenzt verfügbar und würden nur für etwa ein Viertel der weltweiten Fahrzeuge (ca. 240 Millionen) genügen. Danach müssten die Abbaumengen für diese Rohstoffe massiv erhöht werden, was eine massive zusätzliche Schädigung der Umwelt darstellen würde.

Ein Beispiel dafür ist Kobalt, welches zum Großteil aus der Demokratischen Republik Kongo kommt. Neben den mehr als bedenklichen Abbaumethoden in Bezug auf Arbeitssicherheit, Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit, gibt es bei Lieferengpässen kaum bis keine Alternativen für die Beschaffung. Ein weiterer nicht unwesentlicher Aspekt bei der Produktion von Akkus ist der hohe Energieeinsatz. Stammt diese nicht aus erneuerbaren Energiequellen, sondern aus fossilen, wird die Klimabilanz wesentlich verschlechtert. Ein Akku, der in Indien produziert wird, wo größtenteils fossile Energieträger für die Stromerzeugung verwendet werden, ist alles andere als nachhaltig und grün zu bewerten. 

 

Wie sinnvoll ist dann die Umstellung auf E-Antriebe?

 

Nur durch eine Umstellung auf E-Mobilität wird der Klimawandel sicherlich nicht gestoppt werden können, da die Produktion von Akkus und sonstigen Komponenten ebenfalls von begrenzt verfügbaren Rohstoffen abhängig ist. Damit E-Autos überhaupt klimafreundlicher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren sind, müssten diese sehr viel gefahren werden. Dieser Ansatz stellt aber an sich schon ein Paradoxon zu Klimaschutz dar. Schätzwerte der benötigten Fahrleistung liegen bei ca. 150.000 km und solange E-Autos zum Großteil nur Zweitfahrzeuge sind, wird dieses Ziel eher selten erreicht werden. Große E-Autos mit höheren Reichweiten belasten derzeit das Klima hingegen mindestens gleich stark wie Autos mit Verbrennungsmotoren. Die immensen Bemühungen Autos mit großen Reichweiten und vielen PS zu entwickeln, sind für die Verkehrswende und das Klima daher äußerst kontraproduktiv. Auch wenn weltweit an der Verbesserung der Antriebstechniken, der Batteriesysteme und dem Recycling der Rohstoffe geforscht wird, sind für einen sinn- und wirkungsvollen Klimaschutz nur kleine, leichte Fahrzeuge mit geringen Reichweiten anwendbar. Abgesehen davon, sollte aus ökologischer Sicht, jedes Auto - egal mit welchem Antrieb es ausgestattet ist - möglichst lange genutzt werden.

 

Auswüchse des E-Hype

 

Ein paar kritische Worte über die Elektrifizierung der Mobilität in Hinblick auf Sinnhaftigkeit muss ich trotzdem noch loswerden. Wir sind uns alle einig, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz heute wichtiger denn je sind und dennoch macht die Profitgier diverser Unternehmen auch vor dem Klimaschutz nicht halt. Ein paar Beispiele gefällig?

Wie klimafreundlich ist ein Sportwagen mit 600 kW Leistung, über 300 km/h Höchstgeschwindigkeit und bis 1000 km Reichweite? Wie “grün” ist eine Jacht mit Hochleistungsakkus zum Preis von 320.000 Euro? Wie zielführend ist es, Spielzeuge ab dem Kleinkindalter zu elektrifizieren und gleichzeitig zu kritisieren, dass unsere Kinder immer unsportlicher werden? Muss ein Kleinkind in einem Kinder-SUV-Nachbau neben den Eltern fahren oder sollte es lieber das mühsam erlernte gehen, perfektionieren? Egal welcher Bereich der Mobilität angesehen wird, mit ein bisschen Marketing und Einfallsreichtum, kann jedem Produkt ein “grüner Anstrich” verpasst werden. Doch mit Klimaschutz hat diese Gewissensberuhigung nichts zu tun!

 

Wie können die Treibhausgasemissionen reduziert werden?

 

Um das notwendige und durchaus ambitionierten Klimaziel, dass sich die Erderwärmung im Mittel um nicht mehr als 2 Grad erhöht, wird nur ein Mix aus mehreren Maßnahmen zielführend sein. Es bedarf einer massiven Änderung der Infrastruktur im öffentlichen als auch privaten Bereich, Autobahnprojekte sollten überdacht und das dafür benötigte Geld lieber in nachhaltigere Projekte investiert werden. Die angebotenen Verkehrssysteme müssen ausgebaut und unabhängig vom Einkommen leistbar werden, damit eine gerechte Nutzung für die gesamte Bevölkerung sichergestellt ist. Die Notwendigkeit, dass jeder sein eigenes Auto besitzen muss, sollte der Vergangenheit angehören, um so den hohen Anteil des Individualverkehrs einzudämmen. Flugpreise für Kurzstrecken müssen entsprechend dem Schadstoffausstoß deutlich erhöht und Fliegen zum Diskontpreis ein Riegel vorgeschoben werden. Die Raumstrukturen müssten zur Erreichung kürzerer Wegstrecken verdichtet, Sharing Mobility zum Standard werden und der Gütertransport sollte nach zu vielen Jahren der Diskussion und leeren Versprechungen endlich von der Straße auf die Schiene kommen.

Das waren nur ein paar wenige Vorschläge von Maßnahmen, die zur Erreichung der Klimaziele beitragen könnten und hoffentlich in naher Zukunft zumindest ansatzweise umgesetzt werden.

 

Was kann jeder Einzelne von uns tun?

 

Das Gute vorweg  - um einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, müssen wir nicht auf alles verzichten, auf die Schnelle ein E-Auto kaufen oder Veganer werden. Es genügt sich der Problematik bewusst zu werden und den einen oder anderen Ratschlag in die Tat umzusetzen. Damit können wir zwar das globale Klimaproblem nicht lösen, aber wir können unseren Teil dazu beitragen. Für die globale Lösung müssen trotzdem die Politik und die verschiedensten Regierungen bessere, gerechtere und klimafreundlichere Rahmenbedingungen schaffen. Hierbei genügt es auch nicht, wenn Österreich zu einem Musterland in Sachen Klimaschutz werden würde, denn dafür ist unser Land viel zu klein und die Auswirkungen für die Erde viel zu gering. Aber es wäre ein positives Signal, ein Vorzeigebeispiel, wie Veränderung gelingen kann. Unterm Strich müssen wir weg vom derzeitigen Wirtschafts- und Finanzsystem und hin zu einem ökosozialen Steuersystem. Einige bekannte Ansätze dieser Idee sind: Ressourcen statt Arbeit besteuern, Verbrauch statt Besitz besteuern, klimafreundliches Handeln erleichtern und klimaschädliches Handeln verteuern, um somit allen Einkommensschichten klimaschonendes Verhalten zu ermöglichen.

 

Anbei ein paar Denkanstöße, welche jeder von uns mit ein bisschen Bereitschaft zur Veränderung im Alltag umsetzen kann:

  • Mehr gehen und Fahrradfahren. Damit verbessern wir das Klima und tun unseren Körper gleichzeitig was Gutes.
  • Biologische Lebensmittel bevorzugen, konventionelle verringern bzw. meiden
  • Saisonales und regionales Obst und Gemüse kaufen. Kann ich im Winter auch ohne Erdbeeren glücklich sein?
  • Keine Lebensmittel wegwerfen - sinnvoll einkaufen
  • Konsum auf ein sinnvolles Maß reduzieren. Was brauche ich wirklich für ein gutes Leben?
  • Stromverbrauch reduzieren (unnötige Elektronik, richtiges Heizen und Lüften)
  • Reparieren, statt neu kaufen
  • Ausleihen und teilen, statt besitzen
  • Im eigenen Wirkungskreis (Familie, Freunde, Bekannte)  das Thema Klimaschutz ansprechen und zur Veränderung anregen
  • Vorbild sein und das Leben, was man “predigt”

 

 

 


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